Samstag, 24. Juli 2010

Worte zum Stück



Judith Achner
, Felix Berchtold, Miriam Grimm

Regie: Andreas Manz
Choreographie: Mario Heinemann Jaillet


In der Textcollage »Preparadise sorry now« zeichnet R.W. Fassbinder auf vier Ebenen die sich wiederholenden Mechanismen von Unterdrückung und Unterwerfung, Gewalt und Opferbereitschaft, Macht und Abhängigkeit nach: Das Serienmörderpaar Ian Brady und Myra Hindley folterte in den 60er Jahren in England mindestens fünf Kinder zu Tode. Prosatexte (Ebene 1) und fiktive Gespräche des Mörderpaars (Ebene 2) führen als roter Faden durch das Stück. Unterbrochen werden sie von Szenen, in denen jeweils zwei Menschen gemeinsam gegen einen dritten agieren (Ebene 3). Wozu sind Menschen fähig? Wie manifestiert sich faschistoides Verhalten im Alltag? Die vierte Ebene bilden liturgische Texte. Christliche Gedankenmuster (Hoffnung auf Belohnung und Angst vor Bestrafung, Sünde und Tugend, Gott der Herr und Mensch der Knecht, Du sollst Dir kein Bildnis machen, keinen Herren haben neben mir etc.) werden als disponierendes Moment der Unterdrückung zur Diskussion gestellt. Fassbinder schrieb »Preparadise sorry now« 1969 als polemische Antwort auf »paradise now!«, eine der in den 60ern bekanntesten Inszenierungen der politischen Theatergruppe Living Theatre, in der es um die Frage der Realisierung von Utopien in der Gegenwart ging.

Fotografie: Wolfgang Detering © All rights reserved

Das Mörderpaar Ian Brady und Myra Hindley



Judith Achner, Miriam Grimm, Leni Bohrmann, Felix Berchtold, Daniel Baczyk, Andreas Krüger

Regie: Andreas Manz
Choreographie: Mario Heinemann Jaillet


Ian Brady und Myra Hindley, besser bekannt als die »Moor-Mörder«, waren ein britisches Serienmörderpaar, das im Zeitraum von 1963-1966 mindestens 5 Kinder im Alter von 10-17 Jahren missbraucht, gefoltert und brutal ermordet hat. Die Leichen verscharrten sie anschließend in dem nahe bei Manchester gelegenen Saddleworth-Moor. Ian Brady besuchte eine Schule für Hochbegabte, dort fiel er vor allem durch sein »schlechtes« Verhalten auf. Viele beschrieben den Jungen als einzelgängerisch, verschlossen und ruhig. Ian Brady geriet schon früh auf Grund kleinerer Straftaten wie Diebstählen und Einbrüchen mit dem Gesetz in Berührung. Wegen der begangenen Straftaten wurde er 1955 zu einer zweijährigen Haftstrafe in einem Jugendgefängnis verurteilt. Nach seiner Freilassung arbeitete er zuerst in einer Brauerei und dann als Buchhalter in einer Chemiefabrik, in welcher er seine spätere Geliebte und Komplizin Myra Hindley kennen lernte. Schnell begannen die beiden in einer Art übersteigerter Selbstwahrnehmung sich für zwei auserkorene Heilsbringer zu halten, deren Pflicht es sei, die Welt von »unwertem Leben« zu säubern. Brady, der ein großer Anhänger der Naziideologie war, sah sich als alleinigen Herrscher, der zusammen mit seiner Untertanin Myra (die er in Anlehnung an Rudolf Hess »Hessie« nannte) eine neue Welt erschaffen wollte. Die beiden wurden gefasst, als Ians Vetter David Smith sie bei der Polizei anzeigte, nachdem sie versucht hatten, ihn zum Komplizen einer ihrer Morde zu machen. Besonders medienwirksam war der Prozess, da beide zu keiner Zeit nur irgendeine Form von Reue zeigten und drei der Morde nicht einmal gestanden. Ihre Taten, die sie auf Fotos und Tonbändern festgehalten hatten, zeugten von geradezu unmenschlicher Grausamkeit. Als Beweismittel wurde im Gerichtssaal unter anderem ein Tonband abgespielt, auf dem das Paar die Ermordung von Lesley Ann Downey aufgezeichnet hatte. Auf dem Tonband hörte man die Zehnjährige um ihr Leben flehen. Dieser Prozess blieb so über Jahrzehnte im öffentlichen Bewusstsein präsent. In der Musik, Kunst und Popkultur widmeten sich zahlreiche Künstler diesem Thema. Unter anderem benannte sich die englische Band »the Smiths« eben nach diesem David Smith, der die beiden bei der Polizei angezeigt hatte. Die Sängerin Tori Amos ließ ihren ursprünglichen Namen Myra Ellen Amos in Tori Amos ändern, da sie nicht den Namen dieser Serienmörderin tragen wollte. Das Schwarzweißfoto, das die Polizei nach Hindleys Verhaftung von ihr aufnahm, wurde in England zu einer Ikone des Bösen. 1997 stellte der britische Künstler Marcus Harvey ein Gemälde in der Londoner Royal Academy aus, das Hindleys Antlitz mit Abdrücken von Kinderhänden reproduzierte. Das Bild löste einen Skandal aus und wurde von einem wütenden Mob zerstört. Harvey restaurierte das Bild, das anschließend hinter Panzerglas und Bewachung wieder ausgestellt wurde. Fassbinder verändert in »Preparadise sorry now« Myras Nachnamen, sie heißt hier »Hinley« statt »Hindley«. Der Vetter, der die beiden anzeigt, trägt hier den Namen »Jimmy«.

Fotografie: Wolfgang Detering © All rights reserved

Freitag, 23. Juli 2010

Von Mördern und Faschisten

SCHAUSPIEL: Premiere im Felina-Areal

Was passiert, wenn man nicht hinschaut? Um die Frage nach Gewalt und faschistoidem Verhalten im Alltag dreht sich die Textcollage "Preparadise Sorry Now" von Rainer Werner Fassbinder. Studenten der Theaterakademie Mannheim haben daraus ein Schauspiel geschaffen, das am Freitag, 16. Juli, um 20 Uhr im Theater Felina-Areal Premiere feiert. Inwiefern Fassbinders Stück nach mehr als 30 Jahren noch aktuell ist, lässt sich aber auch zu anderen Terminen überprüfen. Im Vordergrund stehen Erzählungen über das britische Mörderpaar Ian Brady und Myra Hindley. Die beiden verübten von 1963 bis '66 eine Mordserie, der mindestens fünf Jugendliche zum Opfer fielen. Die Studenten der Theaterakademie bringen fiktive Dialoge der "Moormörder" auf die Bühne. aer



Miriam Grimm, Judith Achner, Andreas Krüger

Regie: Andreas Manz
Choreographie: Mario Heinemann Jaillet

mit Judith Achner, Helene Bohrmann, Miriam Grimm, Daniel Baczyk, Felix Berchtold und Andreas Krüger

Weitere Aufführungen: am 6. & 7. Oktober 2010 jeweils um 20 Uhr.
Karten unter 0621/33 64 88 6.

Fotografie: Wolfgang Detering © All rights reserved

Morgenmagazin
15. Juli 2010

Gedanken des Autors



Andreas Krüger, Judith Achner, Miriam Grimm

Regie: Andreas Manz
Choreographie: Mario Heinemann Jaillet

„Begrenzungen machen frei. Terror kann nicht so grausam sein wie die Angst vor dem Terror. Oder – verlassen zu werden, kann nicht so einsam machen wie die Angst vor dem Ende, denn die Angst vor dem Ende schafft ein Klima, in dem hast Du Angst vor dem Terror. Alles in Einzelteile zerlegen und neu zusammensetzen, das müsste schön sein. Man kann immer nur ausgehen von dem, was ist. Keine Utopie ist eine.“ (R.W. Fassbinder, März 1971)

Fotografie: Wolfgang Detering © All rights reserved

„PREPARADISE SORRY NOW“ von Rainer Werner Fassbinder


Felix Berchtoldt, Daniel Baczyk, Miriam Grimm

Regie: Andreas Manz
Choreographie: Mario Heinemann Jaillet
weitere Vorstellungen: MI 6. & DO 7. Oktober 2010, 20 Uhr
Karten unter 0621 / 33 64 88 6
oder: info@theater-felina-areal.de

PREPARADISE SORRY NOW ist ein Reigen, der die sich immer wiederholenden Mechanismen von Unterdrückung und Unterwerfung zeigt, von Gewalt und Opferbereitschaft, von Macht und Abhängigkeit.
Wohin führen die Einteilung in wertvolle und wertlose Menschen, christliche Gedankenmuster als disponierendes Moment der Unterdrückung...
"Sich zu unterwerfen ist das Beste für die meisten Menschen. Es bewusst zu tun, bedeutet das Glück für den Menschen. Nichts anderes im Leben kann Glück bedeuten."

Fotografie: Wolfgang Detering © All rights reserved

Choreographische Betrachtungsweise



Miriam Grimm, Judith Achner

Regie: Andreas Manz
Choreographie: Mario Heinemann Jaillet

"Es geht nicht um schöne und fließende Bewegungsabläufe.
Es sind vielmehr Schritte von innerer Bedeutung. Schritte, die an Gefühle
und Emotionen gebunden sind und eine genaue Betrachtung
einfordern. Diesen Schritten gebe ich den bedingungslosen Vorrang.
Die Form entsteht erst aus diesen Schritten."

Mario Heinemann Jaillet Choreograph

Thesen und Gedanken zum Stück



Andreas Krüger, Daniel Baczyk


Regie: Andreas Manz
Choreographie: Mario Heinemann Jaillet


Das Stück »Preparadise sorry now« von R.W. Fassbinder ist eine Versuchsanordnung, eine Art Modell. Das Nebeneinanderstellen der Ebenen des Mörderpaares (in den Prosatexten und fiktiven Dialogen), der Alltagsszenen faschistoider Gewalt und der christlichen Liturgien ist natürlich nicht zufällig, verweist auf etwas.
Es geht Fassbinder nicht um vordergründige Provokation, sondern um die Beschreibung und Analyse gesellschaftlichen Miteinanders und verborgener Kausalitäten.
Fassbinder befasst sich mit den Phänomenen von Herrschaft und Unterwerfung und Gewalt in verschiedenen Erscheinungsformen. Ist Herrschaft nicht immer mit einer Form von Gewalt verbunden? Oder ist sie nicht selbst Gewalt?
Faschistoid steht für mich für:
› die Bereitschaft von Menschen, die eigenen Ziele, den eigenen Willen und die eigenen Ansichten mit Gewalt durchzusetzen
› eine Sichtweise oder Ansicht, die andere Sichtweisen, Lebensweisen herabwürdigt, nicht toleriert, sie bekämpft und bereit ist, sie (also den konkreten Menschen, der sie hat) zu vernichten
› eine Weltsicht, die meistens relativ unreflektiert ist, nicht wissenschaftlich
belegbar und mit zahlreichen Mythen aufgeladen ist
› die Bereitschaft, andere Menschen als weniger wert anzusehen und auf dieser Grundlage Menschen oder Gruppen von Menschen von vornherein aus dem gesellschaftlichen Gemeinwesen auszuschließen, ja, sie zu vernichten
› den Willen zu herrschen und die Bereitschaft, sich zu unterwerfen
Das Andersartige, Fremde stellt in gewisser Weise unsere Lebensweise,
Sichtweise durch sein Anderssein in Frage. Das kann Angst und Aggression auslösen, die sich gegen den Andersartigen, Fremden richten, wenn sie unreflektiert bleiben. Aber auch Reflexion kann vor diesen unbewussten, irrationalen Reaktionen unserer Psyche nur selten bewahren. Gleichzeitig eignet sich der Andere als Projektionsfläche für alles, was wir in uns abspalten oder verdrängen. Also das »Schlechte«, das »Böse«. Er, der Andere, der Fremde wird zum Ziel von Hass und Aggression.

Andreas Manz

Fotografie: Wolfgang Detering © All rights reserved

Donnerstag, 22. Juli 2010

Szenen des alltäglichen Faschismus


















Miriam Grimm, Leni Bohrmann, Judith Achner, Daniel Baczyk


Fassbinders Stück „Preparadise sorry now“ von der Theaterakademie Mannheim im Theater Felina Areal

Regie: Andreas Manz
Choreographie: Mario Heinemann Jaillet

VON HANS-ULRICH FECHLER

1969 erlebte Rainer Werner Fassbinders Stück „Preparadise sorry now“ seine Uraufführung am Münchener Antitheater. Der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche hat es jetzt wieder brennend aktuell gemacht. Die Theaterakademie Mannheim hat es für die Vorstellung seiner zweiten Abschlussklasse in diesem Jahr ausgewählt. Am Freitag hatte das Stück über den alltäglichen Faschismus im Theater Felina Areal Premiere.


Fassbinder ließ sich zu seinem Stück von einem Fall anregen, der damals ganz Europa schockierte. Ian Brady und Myra Hindley vergewaltigten und folterten in den Jahren 1963 bis 1966 in England mindestens fünf Kinder und Jugendliche zu Tode. Den Todeskampf nahmen die mit nationalsozialistischem Gedankengut Infiltrierten mit Fotoapparaten und Tonbandgeräten auf. Die Leichen ließen sie im Moor verschwinden, so dass das Horrorpaar als Moormörder in die Kriminalgeschichte einging. Fassbinder benutzte den Fall als Rahmenhandlung für „Preparadise sorry now“. Dazwischen schaltete er collageartig 15 Szenen. Zum Inhalt haben sie fiktive Dialoge zwischen dem Mörderpaar, liturgieartige Litaneien und alltägliche Gewalt, Erniedrigung und Beleidigung. Fassbinders eigene Erfahrungen mit der katholischen Kirche als einer Institution der Unterdrückung und seine Erfahrungen als Homosexueller gingen in „Preparadise sorry now“ ebenfalls ein. Sein Stück trug, wie seine Filme auch, zur Verunsicherung, Verstörung und Empörung eines Bürgertums bei, das mit dem Wirtschaftswunder die Erinnerung an die Gräuel der faschistischen Vergangenheit zu verdrängen wünschte. „Man kann immer nur ausgehen von dem, was ist. Keine Utopie ist eine“, hat der 1982 gestorbene Fassbinder einmal programmatisch über sein gesamtes Schaffen geäußert.
Das gilt auch für „Preparadise sorry now“. Die lockere Montage der Szenen in dem Stück lässt einem Regisseur weitgehend freie Hand. Andreas Manz von der Theaterakademie setzt sie mit Geräuschen voneinander ab, die irgendwo zwischen dem Sirren einer Sense und der Klappe bei Filmaufnahmen einzuordnen sind. Einige Szenen wiederholt er, nur die Schauspieler wechseln. Diese Wiederkehr gibt dem Geschehen Wucht und Unausweichlichkeit: einem Mann wird von zwei anderen Geld abgepresst, einer Frau von zwei anderen ein Geständnis; ein Soldat wird geschliffen, ein Schwuler von den Dirnen des Straßenstrichs verscheucht; ein Freier lässt die eine Dirne sitzen und wendet sich einer anderen zu; eine Frau wird von zwei Männern vergewaltigt, ein Mann wird von zwei Männern vergewaltigt. Den Schauspielschülern Judith Achner, Helene Bohrmann, Miriam Grimm, Daniel Baczyk, Felix Berchtold und Andreas Krüger bieten die wechselnden Konstellationen Gelegenheit, eine breite Palette von Rollen, Gefühlen und Gesten auszubreiten. Bald ist einer Opfer, bald Täter. In der überall herrschenden Gewalt lösen sich die Gegensätze auf. Gleichzeitig verlangt die Inszenierung eine gehörige Disziplin von den Darstellern. Große Teile tragen die sechs in schwarz-weiß-roter Kleidung nämlich unisono vor. Und oft bewegen sie sich nach der Choreographie des Leiters der Theaterakademie Mario Heinemann Jaillet wie eine uniforme Masse. Nach Art einer Gehirnwäsche wiederholen sie Sätze aus dem Glaubensbekenntnis der Herrenmenschen und Pharisäer: „Sich zu unterwerfen ist das Beste für die meisten Menschen“, „Wer unwert ist, ist rauszuschmeißen“, „Wer wert ist, bestimmen wir“ und „Wir sind sauber im Gegensatz zu den Minderwertigen“. Da nimmt sich zwischen Szenen des Kopulierens, Massakrierens und neben einem Führerlob auch ein Choral des Gotteslobs nicht widerständig aus.
Viel Applaus für eine wuchtige Aufführung vor ausverkauftem Haus.

Quelle: RheinPfalz
Fotografie: Wolfgang Detering © All rights reserved

Revue der Unmöglichkeiten



Miriam Grimm, Daniel Baczyk, Leni Bohrmann


Schauspiel:
Theaterakademie bringt Fassbinders "Preparadise Sorry Now" auf die Felina-Bühne
Regie: Andreas Manz
Choreographie: Mario Heinemann Jaillet

Von unserem Mitarbeiter Bernd Mand
Die Lage scheint nicht günstig. Für keinen von uns. So jedenfalls kommt es einem nach dem Besuch von Rainer Werner Fassbinders "Preparadise Sorry Now" im Mannheimer Theater Felina-Areal erst einmal vor. Die Abschlussklasse der Theaterakademie hat sich hier unter der Regie von Andreas Manz der sperrigen Stückvorlage angenommen und in knapp anderthalb Stunden ein dunkel glänzendes Nummernspiel über den Bühnenboden geschoben.
Fassbinders Text entstand 1969 als polemische Reaktion auf die performative Inszenierung "Paradise Now" des amerikanischen Living Theatre, welche der grundsätzlichen Frage nachgeht, inwiefern sich Utopien in der Gesellschaft verwirklichen lassen. Und dabei ein recht hoffnungsvolles Ergebnis vermerkt.
Fassbinder sieht die Angelegenheit skeptisch und skizziert in seiner Collage einen radikalen Gegenentwurf, eine Revue der Unmöglichkeiten. Als roter Faden zieht sich die Geschichte der Kindsmörder Ian Brady und Mira Hanley durch die Textcollage, die in den sechziger Jahren in England gemeinsam sechs Kinder missbrauchten, folterten und umbrachten. Den Todeskampf ihrer Opfer dokumentierten sie mit Tonband und Fotoapparat.
Das sechsköpfige Ensemble erzählt die Geschichte der beiden im Halbdunkel der offenen Bühne. In chorischem Gleichschritt zieht es den Zuschauer dabei Stück für Stück tiefer in die Geschichte hinein. Immer wieder schieben sich alltägliche Szenen zwischen die Erzählchöre, die, wie Fassbinder es nannte, das "faschistoide Grundverhalten im Alltag" zeigen. Es geht hier viel um Prostitution, Moralvorstellungen und gewaltsame Durchsetzung der eigenen Ideologie. Das junge Ensemble springt dabei schrittsicher und mit großer Genauigkeit von einer Seelenverletzung zur nächsten.

Dichtes Spannungsspiel

Judith Achner, Daniel Baczyk, Felix Berchtold, Helene Bohrmann, Miriam Grimm und Andreas Krüger werfen sich handfest in den grausamen Reigen und schaffen ein dichtes Spannungsspiel, das sich oftmals lautstark gegen die rigide Form des Abends zu wehren scheint. Nüchtern und streng hat Andreas Manz das Bühnengeschehen konstruiert. Knappes Dunkel rhythmisiert die Szenenwechsel des assoziativen Nummernspiels, das geprägt ist von Motiven der christlichen Liturgie und archaischer Rituale.
Über allem liegt eine übermächtige dramaturgische Strenge, die den Spannungsbogen jedoch nicht ganz bis zum Ende aufrechterhalten kann. Eine bedrückende Versuchsanordnung, die in ihrer drastischen sprachlichen und darstellerischen Direktheit seltsam unzeitgemäß erscheint und gleichzeitig ein erschreckend genaues Bild vom menschlichen Streben nach Macht und Überlegenheit zeichnet, dessen Gültigkeit man kaum bestreiten kann.
Quelle: Mannheimer Morgen

Mittwoch, 21. Juli 2010

Fassbinder-Stück zum Abschluss



Leni Bohrmann, Judith Achner


Die Theaterakademie Mannheim präsentiert sich mit ihrem neuen Stück "Preparadise sorry now" von Rainer Werner Fassbinder im Theater Felina Areal in der Holzbauerstraße 6 bis 8. Die Premiere findet am Freitag, 16. Juli, um 20 Uhr statt. Weitere Vorstellungen sind am Sonntag, 18. Juli, am Samstag, 23. Juli, und am Sonntag, 24. Juli, ebenfalls um 20 Uhr. Es handelt sich um die Abschlussinszenierung der Studenten des Jahrgangs 2010/2. Regie führt Andreas Manz. Die Choreographie stammt von Mario Heinemann Jaillet. Das Stück erzählt von dem Liebespaar Ian Brady und Myra Hindley, das vor dem Hintergrund faschistischen Denkens von 1963 bis 1966 Kinder gefoltert und ermordet hat. Der Eintritt kostet 10 Euro, ermäßigt 7 Euro. Karten gibt es im Vorverkauf unter Tel. 0621/33 64 88 6 oder per Mail an info@Theater-Felina-Areal.de. kur

Fotografie: Wolfgang Detering © All rights reserved

Unterhaltung macht Spaß



Judith Achner, Leni Bohrmann, Felix Berchtold


Regie: Andreas Manz
Choreographie: Mario Heinemann Jaillet

„…spannende Unterhaltung, das heißt Unterhaltung, die unterhält und spannend ist und nicht langweilt und nicht verdummt und nicht bestätigt, die in Frage stellt und Fragen provoziert, die im scheinbar Abgesicherten das „scheinbar“ transparent zu machen fähig ist, die dennoch Spaß macht, Freude, und nicht zuletzt dem, der den Spaß hat, Brüche und falsche Klebestellen in der eigenen Wirklichkeit zu entdecken, Lust macht, ein paar Widersprüche zu erkennen, aus denen unsere Wirklichkeit besteht.“

(R.W. Fassbinder, März 1977)

Fotografie: Wolfgang Detering © All rights reserved

Der Regisseur Andreas Manz




Andreas Manz geboren 1964 in Berlin | spielte ab 1979 in einer Rockband | Besuch der Musikschule Friedrichshain (Hauptfach Gitarre) | 1989 - 93 Schauspielstudium am Institut für Theater und Musik Rostock | Engagements: 1992-98 Freie Kammerspiele Magdeburg, 1998 - 2000 Theater Bielefeld, 2000 - 2004 Staatstheater Mainz, seit 2004 Staatstheater Darmstadt | Inszenierungen in Mainz, Berlin(off), Gera, Altenburg, Mannheim( off) | seit 2001 Dozent an der Schauspielschule Mainz | seit 2009 Dozent an der Theaterakademie Mannheim | Gastdozenturen an der UdK Berlin und dem Zentrum für Theater und Film Köln | zahlreiche Theatermusiken und Komposition des Rockmusicals »Sisyphos« (Text D. Heidicke).


Fotografie: Wolfgang Detering © All rights reserved

Der Choreograph Mario Heinemann Jaillet


Mario Heinemann Jaillet studierte an der Palucca Schule Dresden (u.a. bei Gret Palucca, Hanne Wandtke, Patricio Bunster und Ruth Berghaus) | es folgten unterschiedliche Engagements als Tänzer sowie als Choreograph im In- und Ausland (u.a in China, Frankreich, Belgien, USA, Polen und auf Kuba) | 1991 Gründung des Freien Tanztheaters Berlin mit Holger Bey | danach vierjähriges Studium an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch, Berlin, Abteilung: Regie; Studiengang: Choreographie, das er mit Auszeichnung abschloss | 1995 folgte Heinemann Jaillet der Einladung durch den französischen Kulturminister Jack Lang nach Paris | 2000 Gründung der Cie. MS Tanzwerk | Dozent an der staatlichen Hochschule für Musik und darstellende Kunst Stuttgart | seit 2006 Dozent an der ThaM | seit 2008 Co-Leiter der ThaM | er und seine TanztheaterCompany wurden mit dem FringeNCY Overall Excellence Award in Choreography, in New York - USA ausgezeichnet | Preisträger des Stuttgarter Theaterpreis 2006.

Abschlussklasse 2/2010 der Theaterakademie Mannheim verabschiedet sich mit fulminanter Abschlussinszenierung




„Preparadise sorry now“ von Rainer Werner Fassbinder

Regie: Andreas Manz
Choreografie: Mario Heinemann Jaillet

Junge Menschen, die kurz vor dem Ende einer Ausbildung stehen und bereit sind für ein großes Experiment, das Experiment Leben … wach, kritisch, lustvoll, eigensinnig, konsequent und interessiert an diesem Stoff, den Fassbinder vor 41 Jahren geschrieben hat. Heißhungrig auf spannende Arbeitsweisen und bereit neue Wege zu gehen, um diesem Text in Wort und Bewegung Leben einzuhauchen.

„Begrenzungen machen frei. Terror kann nicht so grausam sein wie die Angst vor dem Terror. Oder – verlassen zu werden, kann nicht so einsam machen wie die Angst vor dem ende, denn die Angst vor dem ende schafft ein Klima, in dem hast Du Angst vor dem Terror. Alles in Einzelteile zerlegen und neu zusammensetzen, das müsste schön sein. Man kann immer nur ausgehen von dem, was ist. Keine Utopie ist eine.“ (R.W. Fassbinder, März 1971)

Es sind Menschen in alltäglichen bis extremen Gewaltsituationen und Menschen, die ihre Gewaltphantasien in Perversionen ausleben, die uns bei „Preparadise sorry now“ begegnen und doch sind sie aus dem „Ist“.

Uraufgeführt wurde das Stück im März 1969, Deutschland steht kurz nach dem großen Wirtschaftswunder und immer noch im Schatten des zweiten Weltkrieges.

Jeder Mensch trägt die Schwere des Alltags, die Kleinlichkeit des Moments, den Sadismus des täglichen Miteinanders mit sich. Mechanismen, die erst in ihrer Ritualisierung schmerzhaft und sichtbar werden. Die Angst ist es, die uns zu Raubtieren werden lässt.

Diese Abschlussklasse ist eine besondere, da sie aus wirklich unterschiedlichsten Köpfen besteht. Jeder für sich spannend, mit ureigenen Vorstellungen vom Schauspielerberuf. Ihre Wege gehen mit Sicherheit ab November auseinander, wir wünschen ihnen viel Glück dabei und werden Sie vermissen.

Sie haben immer gerne Verantwortung übernommen und damit zum Wachsen der Theaterakademie beigetragen. Drei von Ihnen sind schon am Nationaltheater Mannheim zu sehen, nun stellen Sie sich mit ihrer Abschlussinszenierung dem Publikum vor.

Mut, Entschlossenheit und Neugier bringen Sie mit an den Start, Bühnenluft haben Sie alle schon geschnuppert, also los geht’s!

Sie sind bereit zu Durchstarten, wir wünschen ihnen dabei alles Gute.

Silvana Kraka und Mario Heinemann Jaillet
Leitung der Theaterakademie Mannheim

Die Schauspielerin Miriam Grimm




Miriam Grimm studierte Pädagogik und Deutsch als Fremdsprache in Würzburg und Landau | währenddessen spielte sie an der Werkstattbühne und im Theater Ensemble Würzburg | 2006/07 Gastengagement am Chawwerusch-Theater Herxheim | seit November 2007 Schauspielausbildung an der ThaM | dort war sie zu sehen in den Produktionen »Chatroom« (Regie: B. Motzki), »Die Schneekönigin« (R.: S. Kraka), »Eine lange Geschichte, Frau Rötter« (R.: S. Kraka), »Fliegenpapier« (Choreografie: M. Heinemann Jaillet) und in den Projekten »Lebensräume« sowie »Ich – Schiller 2009 – Heimat gesucht« | Mitwirkung in »Freie Sicht« am Nationaltheater Mannheim (R.: B. Kosminski).

Der Schauspieler Andreas Krüger




Andreas Krüger geboren 1983 | 2003 Abitur | 2003-2006 freier Journalist bei der Speyerer Tageszeitung Morgenpost | seit Mai 2007 Schauspielausbildung an der ThaM | seitdem war er in den Produktionen »Chatroom« (R.: B. Motzki) und »Ich bin in Sehnsucht eingehüllt« (H. Habig) zu sehen | des Weiteren bei den Mannheimer Freien Theatertagen »Schwindelfrei« 2009 in »Kabale, Liebe, Fetzen – die Form vertilgt den Stoff« (R.: H. Habig, A. Manz) | Gastengagement 2009 am Staatstheater Darmstadt in »der Lebkuchenmann« (R.: I. A. Keppel) | momentan ist er zu sehen am Nationaltheater Mannheim in »Freie Sicht« (R.: B. Kosminski) und in der »Dreigroschenoper« (R.: A. Tantanian) | Mitglied der Rockband CALLAHAAN, die jetzt im November ihr zweites Studioalbum veröffentlicht | arbeitet gerade an der Veröffentlichung seines ersten Gedichtbands.

Die Schauspielerin Judith Achner




Judith Achner geboren 1987 in Hamburg | 2006 Abitur | begann im März 2007 ihre Schauspielausbildung an der Freiburger Schauspielschule | dort war sie u.a. 2009 in einer Shakespeare und Moliere Szenencollage zu sehen | seit Mai 2009 an der ThaM | dort war sie in dem Projekt »Ich – Schiller 2009 – Heimat gesucht« sowie in der Produktion »Peterchens Mondfahrt« (R.: S. Kraka) zu sehen | 2009/10 Gastengagement am Stadttheater Heidelberg für die Opernproduktion »Spartakus« (R.: M. von zur Mühlen) | Mitwirkung in »Freie Sicht« am Nationaltheater Mannheim (R.: B. Kosminski).

Der Schauspieler Daniel Baczyk




Daniel Baczyk geboren 1981 in Breslau | studierte Germanistik und Sozialwissenschaften in Mannheim | 2006 - 2010 Schauspielausbildung an der ThaM | staatlich anerkannte Bühnenreife im April 2010 | im Laufe der Ausbildung war er u.a. in den Produktionen »Bombenfrau« (R.: H. Habig), »Chatroom« (R.: B. Motzki) und »Woyzeck« (R.: K. Kappenstein) sowie in dem Projekt »Ich – Schiller 2009 – Heimat gesucht« zu sehen | Mitwirkung im Nationaltheater Mannheim in »Maria Stuart« (R.: G. Schmiedleitner) 2007 und »Freie Sicht« (R.: B. Kosminski) 2009.

Fotografie: Wolfgang Detering © All rights reserved

Die Schauspielerin Helene Bohrmann




Helene Bohrmann geboren 1988 | von Kindesbeinen an verschiedener musikalischer Unterricht (Klavier, Gitarre, Gesang) | 8jährige Mitgliedschaft in Schulchor und Theater-AG | 2006 - 2009 sang sie in einem Barbershop Quartett | Mitgründerin der freien Theatergruppe »Der Petunientopf«, die seit 2003 eigenständig Stücke schreibt und inszeniert | seit Mai 2007 Schauspielausbildung an der ThaM | seitdem konnte man sie dort in den Produktionen »Ich bin in Sehnsucht eingehüllt« (R.: H. Habig), »Chatroom« (R.: B. Motzki) und »Peterchens Mondfahrt« (R.: S. Kraka) sehen | Mitwirkung beim Projekt »Ich – Schiller 2009 – Heimat gesucht«.

Der Schauspieler Felix Berchtold




Felix Berchtold geboren 1990 in Singen | 2007 mittlere Reife | seit Mai 2008 Schauspielausbildung an der ThaM | er war dort in den Produktionen »die Schneekönigin« (R.: S. Kraka) und »Eine lange Geschichte, Frau Rötter« (R.: S. Kraka) zu sehen | Mitwirkung bei dem Projekt »Ich – Schiller 2009 – Heimat gesucht« und der Produktion »Freie Sicht« (R.: B. Kosminski) am Nationaltheater Mannheim.

Fotografie: Wolfgang Detering © All rights reserved

Dienstag, 20. Juli 2010

Der Fotograf Wolfgang Detering



Der Fotograf Wolfgang Detering

Der renommierte Fotograf Wolfgang Detering begleitete die Produktion "Preparadise sorry now" bereits in der Probenphase. Durch seine langjährige Erfahrung als Theater- und Bühnenfotograf verfügt er über einen ausgesprochen sensiblen "Betrachtungswinkel" der Theaterfotografie und deren Besonderheiten.

M.H.J



Fotografie: Wolfgang Detering © All rights reserved